Foto: Otto Thomasczek um 1900
"Otto Thomasczek wurde am 5. April 1854 in Kassel geboren. Nach
Schulbesuch und Berufsausbildung war er acht Jahre als Kunstmaler in
Kassel tätig. Rastlos schuf er Werke mit Motiven von Alt-Kassel wie:
„Kettengasse“, „Blick von der Hafenbrücke als Nachtbild“ und „Blick auf
Kassel vom Herkules ausgesehen“. Der Künstler erhielt Aufträge für
Gemälde und Postkarten von dem Verlagsbuchhändler Albin Schnellhardt in
Kassel und einem Verlag im Eichsfeld.
Später
verschlug es den Künstler nach Berlin und 1888 nach Neuendorf bei
Potsdam. 1892 heiratete er seine Frau Bertha, geborene Teubner, die aus
Guben stammte. Aus der Ehe gingen die Töchter Charlotte Michalak
(geboren am 23. Januar 1893 in Klein Glienicke) und Dora Henker (geboren
am 17. Mai 1899 in Neuendorf) hervor. 1904 ließ sich die Familie
Thomasczek in Mühlhausen zunächst in dem dreigeschossigen Eckhaus der
Gierstraße 64 nieder. Der Künstler muss aber schon vorher in Mühlhausen
geweilt haben, da im „Mühlhäuser Anzeiger“ (21.02.1900) berichtet wird,
Thomasczek habe mit „kunstgeübter Hand die prächtigen Bühnendekorationen
im renovierten Schauspielhaus“ geschaffen. Er habe nach der Natur eine
Winterlandschaft von Popperode gemalt. Von dieser habe Tellgmann eine
Reproduktion geschaffen, die, geschmackvoll ge-rahmt erworben werden
konnte. Im Jahre 1900 wird erwähnt, Thomasczek habe für das Lustspiel
„Im weißen Röß’l“ „eine vollständig neue Dekoration gemalt.“ In der
„Mühlhäuser Zeitung“ (29.11.1901) wird auf ein „Thomas-Müntzer-Zimmer“
im damaligen „Thüringer Hof“ auf dem Blobach verwiesen. Dieses von
Thomaszcek ausgemalte Zimmer sei „eine Sehenswürdigkeit“. In Mühlhausen
fand der Künstler „seine zweite Heimat“ (Heinz Scholle). Bereits im März
1906 stellte Thomasczek Aquarelle und Zeichnungen in Albrechts
Buchhandlung am Steinweg 85 aus. Archivar Dr. Kunz von Kauffungen
empfahl, von den 20 Aquarellbildern „Wanderungen um die alten Mauern der
alten Reichsstadt Mühlhausen“ eine farbige Postkartenserie (24 Stück,
ca. 2 Mark) herstellen zu lassen. 1920 verzog der Maler nach Kassel, wo
er am 26. Januar 1923 verstarb. Bei manchen alteingesessenen Mühlhäuser
Familien entdeckt man noch Gemälde mit Stadt- und Landschaftsmotiven von
Thomasczek, beispielsweise die Klingenmühle in der
Friedrich-Engels-Straße 23 oder das Wohnhaus am Lindenbühl 7. Der Maler
schuf in Mühlhausen eine Fülle teils farbiger Entwürfe für
Ansichtskarten wie: Schützenberg, Biobach mit Frauentor und Rabenturm,
Hoher Graben mit Stadtmauer und Gartenhäuschen, „Zentral-Kaffeehaus“ an
der Stätte, Blick auf die Stadt vom Stadtberg, Burgruine am Kreuzgraben
mit dem alten jüdischen Friedhof, Georgischule, heutiges
Tilesius-Gymnasium An der Burg und viele andere. Der Künstler hielt in
einer Serie den Bau der heute stillgelegten Bahnlinie
Mühlhausen-Treffurt fest, die 1911 eröffnet wurde. Von den zahlreichen
Mühlhausen-Motiven Thomasczeks sei noch verwiesen auf: Jakobikirche,
Rathaushof, Rathaushalle, Reichsstädtisches Archiv und Popperöder
Brunnenhaus. Thomasczek zeichnete fast alle alten Steinkreuze im
Altkreis Mühlhausen und etliche darüber hinaus. Er malte Bilder von
Dörfern wie Volkenroda, Görmar, Niederdorla und Dörna. In Grabe schuf er
1908 die Deckenmalerei für den Saal der Gemeindeschänke (heute:
Bürgerhaus). Es sind acht großformatige Gemälde mit Motiven aus dem
dörflichen Leben jener Zeit. Die Motive reflektieren einerseits die
Jahreszeiten und andererseits bestimmte Höhepunkte im Landleben und
geografische Sichten auf das Dorf. Vier Bilder sind betitelt mit:
„Ackerbau“ (Dorfansicht und Hinter der Ziegelhütte), „Johanni“
(Dorfeingang mit dem Flüsschen Notter), „Ernte“ (einstige F 249 und
ehemalige Kalkmühle) und „Schützenfest“ (ehemaliger Schießstand). Die
vier anderen zeigen: „Jagd“ (Schwarzes Feld mit Blick auf den
Forstberg), „Kirchweih“ (Gemeindehaus) , „Feierabend“ (Mühle und die
Notter) und „Hochzeit“ (Kirche) . 1997 präsentierte das
Theodor-Storm-Literaturmuseum im Heilbad Heiligenstadt eine
Wanderausstellung mit Werken Thomasczeks. Diese initiierten jenes Museum
und der Verlag F.W. Cordier in Heiligenstadt. Vorgestellt wurden
Thomasczeks Bilder aus dem Eichsfeld: Burg Bodenstein, Teistenburg, die
Hülfensberge, Keudelskuppe, Schloss Bischofstein, die Hagemühle, Kloster
Zella, das Werratal und vieles andere. Jenes Verlagshaus ist im Besitz
von Kunstblättern Otto Thomasczeks und gab dessen Eichsfeld-Bilder in
den Jahren 1993 bis 1996 als Kalender heraus. Unter dem Titel
„Wanderungen durch das romantische Eichsfeld“ wurden vier Kalender mit
Motiven von Heiligenstadt und Umgebung vorgelegt. Ferner brachte das
Verlagshaus mehrere Folgen mit jeweils 12 farbigen Bildpostkarten unter
dem Titel „Wanderungen durch das romantische Eichsfeld“ heraus. Unter
den „Eichsfelder Nostalgie-Karten“ entdeckt man Thomasczeks Motive
„Neunbrunnen bei Heiligenstadt“, „Worbis, Hardtkapelle“, „Lutter mit
Blick auf Kalteneber“ und mehrere historische Motive von Heiligenstadt.
Otto Thomasczek wies sich auf nachhaltige Weise als romantischer Maler
des Eichsfeldes und Stadtbild-Chronist vor allem der Städte Heilbad
Heiligenstadt, Leinefelde und Mühlhausen aus. Mühlhäuser Sammler der
Thomasczek-Kunstpostkarten meinen, es gäbe insgesamt mindestens 350
verschiedene Karten mit Motiven aus Berlin, Potsdam, Mühlhausen und
Umgebung, dem Eichsfeld und Kassel. Paul Schmaling nahm den Künstler
auch in das „Künstlerlexikon Hessen 1777 – 2000“ (2001) auf. " (Dieter
Fechner - aus Mühlhausen Maler)